One, Two, Three, Four, RAMONES [Review]

Wenn man einen Blog betreibt, der den Spagat zwischen Punkrock und der neunten Kunst nun bereits seit einigen Jahren halbwegs unfallfrei hinbekommt, dann dürfte es wohl so ziemlich außer Frage stehen, dass ein Comic über die Geschichte der RAMONES hier selbstredend nicht mehr und nicht weniger als eine absolute Pflichtlektüre darstellt.

Die Franzosen Xavier Bétaucourt, Bruno Cardène und Éric Cartier haben sich hier ausgiebig mit der bewegten Historie der Band, die viele unreflektierte Jugendliche heutzutage lediglich von ihren H&M-T-Shirts kennen, auseinandergesetzt und dabei ein spannendes, detailverliebtes, sowie nicht minder schonungsloses, kleines Meisterwerk erschaffen, welches nicht nur für Fans höchst interessant sein dürfte. Der größte Pluspunkt dieses Comics ist, dass das Kreativteam hier wirklich absolut nichts beschönigt oder gar glorifiziert und stattdessen bewusst das Bild eines völlig kaputten Haufens zeichnet, der es allen Querelen und aller Verkorkstheit zum Trotz irgendwie hinbekommen hat, heute als eine der wichtigsten Bands in der Geschichte der Rockmusik zu gelten. So steht bei Bassist Dee Dee, aus dessen Perspektive die Story größtenteils erzählt wird, das massive Alkohol- und Drogenproblem, welches ihn sein ganzes Leben lang begleitete und ihn 2002 schließlich einen zweifelhaften Rock'n'Roll-Tod sterben ließ, im Mittelpunkt, während Gitarrist Johnny hier als Unsympath vor dem Herrn dargestellt wird.

Jeder, der sich mal etwas intensiver mit den RAMONES auseinandergesetzt hat, weiß wohl, dass Johnny damals als absoluter Bandhitler und Tyrann galt, aber dieser Comic ergänzt das ohnehin schon arg dubiose Bild, das ich stets von ihm hatte, nochmal um ein paar Facetten (zum Beispiel, dass er während Autofahrten zu Konzerten grundsätzlich keinerlei Pausen erlaubte und seine Mitstreiter allen Ernstes dazu nötigte, in Flaschen zu pullern, wenn sie mal mussten - weshalb Dee Dee im Bandbus dann irgendwann sicherheitshalber nur noch Bourbon trank), die es mir fast unbegreiflich erscheinen lassen, wie man es über zwei Jahrzehnte, sowie sage und schreibe 2.263 Konzerte mit diesem Menschen aushalten konnte. Vor allem, da es sich beim einzigen Bandmitglied, welches neben ihm vom Anfang bis zum bitteren Ende mit dabei war, um Sänger Joey handelte, der zwar regelmäßig alle mit seinen extremen Zwangsstörungen in den Wahnsinn trieb, ansonsten aber wohl ein extrem netter und äußerst sensibler Kerl war, der keiner Fliege was zu Leide tun konnte.

Abgerundet wird der ganze Spaß mit ergänzenden Texten und Hintergrundinfos zu gefühlt jedem zweiten Panel, was ich extrem geil finde, da man daran mehr als deutlich sieht, dass hier nicht einfach bloß eine beliebige Auftragsarbeit aufs Papier gerotzt wurde, sondern viel Herzblut in diesem Projekt steckt und die Autoren augenscheinlich unfassbar viel Zeit für ihre Recherchen aufgewendet haben. Alles in allem 'ne ganz klare Empfehlung! (elfo)

Seitenzahl: 96
Format: Hardcover
Preis: 20 €
Verlag: Knesebeck
Cover-Copyright: Knesebeck / Futuropolis
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