The Walking Dead - Staffel 9: Episode 15 - The Calm Before [Review]

Nachdem ihre spontane Bandgründung vor ein paar Wochen ja eher den Eindruck einer kaum weiter ernst zu nehmenden Schnapsidee machte, haben Alden und Luke in der neuesten Folge von "The Walking Dead" nun also tatsächlich ihren ersten Auftritt. Dieser fällt dann jedoch eher recht unspektakulär aus und ist ehrlich gesagt auch nicht weiter relevant für die Handlung der Episode. Im Grunde habe ich mich sogar nur deshalb für "The Symphony of Awesome" als Beitragsbild entschieden, da ich damit einfach so wenig wie irgend möglich spoilern wollte. Es ist verdammt viel passiert, es ging verdammt emotional zur Sache und weitere verdammte Details gibt es natürlich erst nach der obligatorischen Spoiler-Warnung.

Und um direkt mal mit der Tür ins Haus zu fallen, war "The Calm Before" in meinen Augen wirklich eine der besten Episoden der gesamten Serie. Nachdem es in den letzten Wochen teilweise ja doch eher recht zäh zur Sache ging, hat Angela Kang hier nun tatsächlich ein vorweggenommenes Staffelfinale der Extraklasse rausgehauen, welches ich erstmal sacken lassen musste und im Vorfeld dieser Rezension bereits drei oder vier mal gesehen habe, da mir einfach immer wieder die richtigen Worte fehlten. Als Kenner der Comicvorlage wusste ich zwar schon in groben Zügen, was mich erwartet, aber letztlich hat mich dieses Wechselbad der Gefühle samt des Schockers am Ende dann doch kalt erwischt. Aber eins nach dem anderen. Zunächst einmal erleben wir in dieser Episode viele fröhliche Menschen, die Wiedervereinigung von Alexandria, Hilltop, Oceanside und dem Königreich, sowie einen dauergrinsenden Ezekiel, dessen lang geplante Kirmes wider Erwarten doch ein riesiger Erfolg zu werden scheint und den großen Höhepunkt dann schließlich mit dem Kinoabend haben soll, der für viele Kids tatsächlich eine spektakuläre Premiere in ihrem Leben darstellt.

Alles könnte so schön sein, wäre da nicht Alpha, die sich mit einer perversen Echthaarperücke und gestohlenen Kleidern unerkannt unter die Meute mischt und irgendetwas im Schilde zu führen droht. An dieser Stelle muss ich auch nochmal ausdrücklich Samantha Morton loben, deren Darstellung der Figur dermaßen (Achtung: peinliche Anglizismen) creepy und spooky ist, dass ihre Comicvorlage dagegen fast schon wie eine zweitklassige 0815-Schurkin wirkt. Und während sie als gruseligster Undercover-Psychopathen-Boss ever auf der Kirmes unterwegs ist, suchen Carol, Daryl, Michonne und Yumiko in den Wäldern nach vier vermissten Hilltoppern (zu denen unter anderem auch die Vorbesitzerin von Alphas neuen Klamotten und Haaren zählt) und geraten dabei schließlich in eine Falle der Flüsterer. Nachdem Beta Daryl nochmal erklärt, dass niemand mehr hätte sterben müssen, wenn er ihm Lydia ausgeliefert hätte und es in dem Moment wohl auch den Nicht-Comiclesern dämmert, dass auf dem Jahrmarkt irgendwas Uncooles passiert sein muss, kommt dann irgendwann auch Alpha dazu, unterstützt diese These, indem sie sich frisches Blut von ihrer Machete wischt und nimmt Daryl mit, um ihm (Achtung: peinliche Anglizismen)  face to face eine mehr als klare Ansage zu machen. So zeigt sie ihm (wie in den Comics übrigens Rick) eine gigantische Zombieherde, die sie kontrolliert, droht damit, diese auf die Gemeinschaft loszulassen, wenn es nochmal jemand wagen sollte, unbefugt ins Flüsterer-Revier einzudringen und entlässt Daryl schließlich mit den Worten, dass er die extra angelegte Grenzmarkierung auf seinem Rückweg zum Königreich schon sehen werde.

Triggerwarnung: Jetzt wird's eklig. Diese Grenzmarkierung besteht, wie unsere Helden wenig später erkennen müssen, aus Pfählen, auf deren Spitzen abgetrennte Köpfe diverser Kirmesbesucher prangen. Dabei handelt es sich um Ozzy und Alek von den Highwaymen, den Ex-Savior DJ, Negans Ex-Frau Frankie, Tammy Rose, Addy und Rodney aus Hilltop, Enid, Tara und Henry. Diese extrem grausamen Bilder der Mordopfer werden dabei in Kombination mit kurzen Flashbacks, in denen Angehörige und Freunde auf der Kirmes nach ihnen suchen, sowie einem echt krassen Score wirklich mehr als perfekt in Szene gesetzt und Carols Reaktion auf dieses Massaker hat dann schließlich auch bei mir für ein, zwei Tränchen gesorgt. Wie brutal ist das bitte, dass man dieser Frau jetzt schon wieder ein Kind genommen hat, nachdem sie erst den Verlust ihrer Tochter Sophia verarbeiten musste, ihre Adoption von Lizzie und Mika später nicht ganz so blumig verlief und sie insgeheim auch schwer mit dem Tod von Sam zu kämpfen hatte? Insofern war Henry, so sehr er teilweise auch genervt haben mag, tatsächlich eine der krassesten Optionen und zudem wohl auch die, die den größten Impact auf den Hauptcast hat, da sie mit seinen Adoptiveltern Carol und Ezekiel, sowie seinem Aufpasser Daryl gleich drei große Sympathieträger der Serie richtig hart trifft. Auch ich muss meine Meinung mittlerweile ein wenig revidieren. Ja, Henry war irgendwo schon ein ziemlicher Dödel, letzten Endes aber eben auch einfach ein Teenager, der in dem Alter natürlich noch nicht ganz so reflektiert sein kann und - auch wenn er es schließlich ganz schön verkackt hat - nicht mehr und nicht weniger als Gerechtigkeit im Sinn hatte und wirklich nur helfen wollte. Das Positive daran: Angela Kang besinnt sich mal wieder auf eine unter Scott Gimple längst verloren geglaubte Stärke der Serie, nämlich die, dass es jederzeit jede Figur erwischen kann. Als noch positiver empfand ich es dann, dass man die Episode nicht einfach mit diesem verstörenden Bild der abgetrennten Köpfe enden lässt, sondern noch eine Rede von Siddiq hinterherschiebt, der auch zu den Entführten gehörte, aber am Leben gelassen wurde, um dem Rest der Gemeinschaft als Augenzeuge zu schildern, wie gefährlich die Flüsterer sind. Statt deren Bosheit rückt er dabei nämlich den Edelmut und die Tapferkeit der Opfer in den Mittelpunkt, erzählt, wie Ozzy, Alek und DJ kurz vor dem traurigen Ende zu einem heldenhaften, aber letztlich gescheiterten Rettungsversuch herbei eilten und wie Menschen, die sich noch nicht einmal kannten, bereit waren, im hoffnungslosen Kampf gegen die Flüsterer füreinander zu sterben. Auch hier wurde von der musikalischen Untermalung bis hin zu den in Zeitlupe ablaufenden Bildern inszenatorisch wieder komplett alles richtig gemacht und emotional sogar nochmal einer drauf gesetzt. Wow! Einfach nur ganz, ganz großes Kino und ich bin extrem gespannt darauf, was Frau Kang jetzt noch im Staffelfinale vorhat. Es wurde ja bereits ein heftiger Cliffhanger angekündigt und gemessen an den bereits veröffentlichten Promobildern, in denen man Eugene erneut am CB-Funkgerät herumbasteln sieht, bleibe ich bei meiner Theorie, dass wir in der letzten Szene die Stimme eines gewissen gewissen Herrn Grimes hören werden. (elfo)

Laufzeit: ca. 57 Minuten
Freigabe: FSK 18
Picture-Copyright: Jackson Lee Davis / AMC
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