Endzeit [Review]

Wenn man das Coverartwork betrachtet, erwartet man kaum eine postapokalyptische Geschichte mit Zombies. Und, genau: Es ist eine Geschichte mit Zombies, aber eben nicht über Zombies. Olivia Vieweg studierte visuelle Kommunikation und die ursprüngliche Comicversion bildete die Grundlage für ihre Diplomarbeit. Mittlerweile auch verfilmt, gibt es für den einen oder anderen sicher die Möglichkeit, die Geschichte (vermutlich eher in kleineren Programmkinos) auf der großen Leinwand zu sichten. Zur Story: Zwei Jahre ist es nun her, dass alles noch normal war. Plötzlich hatte sich alles geändert. Die Welt wurde von einer Zombieapokalypse heimgesucht.

Zwei Städte sind sogenannte geschützte Städte. Weimar und Jena. Zwischen diesen Städten pendelt ein automatisierter Zug, welcher die Bewohner mit dem Nötigsten versorgt. In Weimar treffen zwei junge Frauen aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Da ist auf der einen Seite die zerbrechliche, naiv wirkende Vivi, welche ihr Dasein in einem Sanatorium fristet und dort von der Heimleiterin bevorzugt behandelt wird. Auf der anderen Seite ist da Eva. Eva wirkt knallhart und unterkühlt, gar verbittert. Sie hat die Aufsicht am Schutzzaun, wo die jungen Mädchen zu Reparaturarbeiten herangezogen werden. Durch eine Vernachlässigung ihrer Pflichten kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall am Zaun und beinahe zu einem Durchbruch der Zombies.

Da zeigt sich dann auch, wie hart Eva tatsächlich ist. Im Verlauf kommt es dazu, dass sich beide Mädels im Versorgungszug mitten durch das Niemands(Zombie)land wieder begegnen. Sie sind durch die Umstände gezwungen, einander näher kennenzulernen und als sie ihren Weg schlussendlich zu Fuß durch Zombie-Gebiet fortsetzen müssen, sind sie gar aufeinander angewiesen. Eva kann und will dies scheinbar zunächst nicht wahrhaben. Vivi hingegen, welche ohne Psychopharmaka vermeintlich komplett lebensunfähig scheint, sehnt sich nach einer echten Freundin. Im Weiteren erfährt man einiges über die Sozialisierung der Beiden und wie sie in der Vergangenheit auf die Gräuel reagiert und insbesondere die Schrecken verarbeitet haben. Zombie-Geschichten waren schon immer ein guter Hintergrund für zwischenmenschliche Beziehungen, sowie philosophische Fragestellungen. Wie weit ist man bereit zu gehen? Wie kommt man mit Extremsituationen klar? Ab wann endet das "Menschsein"? Welcher Mensch ist "besser" oder "wertiger"? In diesem speziellen Fall auch: Was definiert Freundschaft und wie weit geht diese?

Ähnlich wie beim Film "Monsters" steht hier mitnichten das "Monster", also der "Zombie" im Mittelpunkt, sondern bietet nur den Rahmen. Es bleibt unterm Strich eine durchaus bewegende Geschichte, eher im Stile von "Die letzten Glühwürmchen" als von "The Walking Dead". Der leicht Manga-angehauchte Zeichenstil mit aquarellartiger Kolorierung bietet dabei ebenfalls einen gewissen naiven Charme, ist insgesamt durchaus stimmig und unterstreicht die Atmosphäre. Einen minimalen Kritikpunkt hätte ich da noch: Immer wenn den Protagonisten in irgendeiner Form die Worte zu fehlen scheinen, so macht die Autorin das mit den obligatorischen drei Punkten in der Sprechblase kenntlich. Das oft exzessiv. Eigentlich überflüssig, weil die Gesichtsausdrucke der Zeichnungen für sich sprechen. Fazit: Eine tiefer gehende Geschichte über Freundschaft, die bewegt. Action- und Zombiefans eher: Finger weg. Mein Dank geht an Olivia Vieweg, welche mir das Exemplar, das ich im Übrigen bei einer Verlosung gewonnen habe, liebevoll signiert und mit einer zusätzlichen, erdbeeersüßen Zeichnung veredelt hat. (commaaaander)

Seitenzahl: 288
Format: Hardcover
Preis: 22
Verlag: Carlsen
Cover-Copyright: Carlsen
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